Wie man sich am besten verhält, wenn das Sonnenlicht die Sicht behindert
Dieses irritierende Gefühl kennt jeder Autofahrer: Die tief stehende Sonne strahlt direkt ins Auto, fast wie durch ein Brennglas. Man kneift die Augen zusammen und versucht, jede Bewegung auf der Straße zu erkennen. Alles wirkt grell und verzerrt, Spiegel und Scheibe werfen Lichtblitze auf Armaturen und Asphalt. Eine brenzlige Situation, die viel Konzentration von Autofahrern einfordert. Doch kann sie auch als Rechtfertigung gelten, wenn es zu einem Unfall kommt?

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Das gilt, wenn Fahrer von der Sonne geblendet werden
Gilt die Begründung, man sei von der Sonne geblendet worden, als Rechtfertigung vor Gericht?
Nein, eine Blendung durch die Sonne gilt in der Regel nicht als Entschuldigung. Wer die Verkehrssituation nicht eindeutig erkennen kann, muss anhalten oder das Fahrzeug notfalls dafür verlassen.
Wenn die tief stehende Sonne den Blick auf die Straße verschleiert, kann das im Ernstfall richtig schlimme Folgen haben. Rechtsanwalt Jan Vorwerg berichtet aus der Praxis am Bespiel von Rotlichtverstößen:
„Ja, ich kenne die Fälle natürlich […]. Dass dann Betroffene sagen, die Sonne stand so tief, ich konnte das nicht richtig erkennen. Aus der Rechtspraxis muss ich sagen, dass einem so ein Einwand fast nie weiterhilft. Weil die Gerichte da doch recht streng sind und sagen: Wer nicht genau erkennen kann ob rot oder grün ist, der muss zur Not anhalten und kann nicht einfach in die Kreuzung reinfahren.“
In Extremfällen rät Vorwerg sogar dazu, das Auto kurz zu verlassen, um die Situation zu prüfen: „Wenn Sie jetzt vor einer Ampel stehen und Sie wissen nicht ob rot, grün oder was auch immer ist, dann können Sie nicht einfach losfahren und sagen, haha, das war die Sonne.“
Ein Risiko für den Versicherungsschutz
Besteht bei einem Unfall wegen Sonnenstrahlung ein Risiko für den Versicherungsschutz?
Ja. Wer einen Unfall verursacht, weil er von der Sonne geblendet wurde, kann unter Umständen den Versicherungsschutz für diesen Vorfall verlieren.
Ein weiterer Aspekt macht sonnenbedingte Unfälle besonders riskant: Wer wegen Blendung einen Zusammenstoß verursacht, kann unter Umständen sogar seinen Versicherungsschutz für den konkreten Unfall verlieren. „Wegen heftiger Sonneneinstrahlung nichts sehen zu können, ist im Grunde gar keine Entschuldigung”, so der Rechtsanwalt.
„Versetzen Sie sich mal in die Situation des Unfallgegners. Soll der plötzlich eine Mithaftung bekommen, nur weil der andere nicht richtig schauen konnte, weil die Sonne tief stand? Das kann es im Ergebnis auch nicht sein“, betont der Jurist. Kommen Menschen zu Schaden, erstattet die Polizei zudem automatisch Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den Unfallverursacher.
ADAC rät: Das sollte man immer tun, wenn die Sicht stark eingeschränkt ist
Was sollte man tun, wenn die Sicht durch die tiefstehende Sonne stark eingeschränkt ist?
Bei stark eingeschränkter Sicht sollte man auf jeden Fall anhalten. Auch neue Scheibenwischerblätter oder eine Sonnenbrille können hilfreich sein.
Auch Florian Wagner vom ADAC Sachsen warnt davor, beim Fahren in Richtung tiefstehender Sonne leichtsinnig zu werden: „Wer nichts mehr sieht, auf jeden Fall anhalten. Und damit man aber weiterhin was sieht, kann man ein paar Sachen beachten. Man kann versuchen seine Scheibe freizuhalten, von vorn herein die Scheibe säubern. Wischwasser regelmässig nachfüllen.“ Auch eine Sonnenbrille sollte man Wagner zufolge für den Fall ungünstiger Lichtverhältnisse im Handschuhfach bereithalten.
Sonnenlicht als Unfallursache
Wie häufig führt Sonnenlicht in Deutschland zu Unfällen?
Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 2.529 Unfälle mit Personenschaden durch tiefstehende Sonne registriert.
Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 2.529 Unfälle mit Personenschaden, die auf tiefstehende Sonne zurückzuführen sind, registriert. Diese Zahl ist zwar gegenüber dem Vorjahr gesunken, bleibt aber weiterhin signifikant hoch. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum gab es 195 Unfälle mit Personenschaden durch Nebel. Dem ADAC zufolge passieren sogar rund zwei Drittel aller witterungsbedingten Unfälle mit Personenschaden durch Blendung.
Sieben Tipps gegen Blendung
Damit die nächste Fahrt bei Sonnenschein nicht in einem Fiasko endet, hier einige Tipps, wie sich das Risiko auch bei tiefstehender Sonne minimieren lässt:
- Scheibenwischerblätter auswechseln: Abgenutzte Wischerblätter ziehen Schlieren und verschlechtern die Sicht. Im schlimmsten Fall können kaputte Wischer die Frontscheibe verkratzen. Deshalb lieber rechtzeitig wechseln.
- Wischwasser regelmäßig ersetzen: Nur ausreichend Wischwasser sorgt dafür, dass die Scheiben sauber bleiben. Ein Reinigungstuch für die Innenseite der Frontscheibe sollte immer griffbereit sein.
- Frontscheiben klar halten: Schmutz und Schlieren streuen das Licht und verstärken die Blendwirkung. Saubere Scheiben sind entscheidend für gute Sicht.
- Sonnenblende verwenden: Richtig positionierte Sonnenblenden reduzieren die Blendung und entlasten die Augen.
- Sonnenbrille griffbereit haben: Bei tiefstehender Sonne lieber zur Sonnenbrille greifen. Das schützt die Augen und verbessert die Wahrnehmung der Straße.
- Geschwindigkeit anpassen: Das Tempo sollte stets den eingeschränkten Sichtverhältnissen angepasst werden.
- Abstand vergrößern: Mehr Distanz zum vorausfahrenden Fahrzeug bringt mehr Reaktionszeit, wenn plötzlich die Sonne blendet.
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