Landgericht Lübeck klärt Haftungsfrage bei Unfall im Kreisverkehr
Auch Rad- oder E-Bike-Fahrer müssen sich im Straßenverkehr an das Rechtsfahrgebot halten. Das gilt auch dann, wenn sie auf einem Fahrradschutzstreifen durch einen Kreisverkehr fahren. Andernfalls droht eine Mithaftung für Unfälle, wie das Landgericht Lübeck in einem aktuellen Urteil entschieden hat. In dem Fall war ein Pedelec-Fahrer auf dem Schutzstreifen nicht ausreichend weit rechts gefahren und mit einem stehenden Auto kollidiert.

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Schutzstreifen und die Pflichten der Zweiradfahrer
Haben Radfahrer auf Schutzstreifen immer Vorrang?
Nein. Auch auf Schutzstreifen müssen Radfahrer das Rechtsfahrgebot beachten.
Fahrradschutzstreifen erwecken oft den Eindruck, Radfahrer hätten dort automatisch Vorrang und könnten daher nicht für eine Mitschuld an Unfällen haftbar gemacht werden. Doch auch auf Schutzstreifen gilt das Rechtsfahrgebot gemäß Paragraf 2 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Insbesondere im Kreisverkehr kann ein Verstoß dazu führen, dass Radfahrer eine Mithaftung trifft.
Die Markierung allein schützt nicht vor rechtlichen Konsequenzen, auch wenn Autofahrer gemäß Paragraf 5 Abs. 4 der StVO grundsätzlich dazu angehalten sind, beim Überholen von Fahrradfahrern besonders Vorsicht walten zu lassen.
Unfall im Kreisel: Pedelec kollidiert mit stehendem Auto
Können Radfahrer auf Schutzstreifen bei einem Unfall haftbar gemacht werden?
Ja. In einem aktuellen Fall prallte ein Pedelec-Fahrer im Kreisverkehr gegen ein Auto und erhielt 35 % Mithaftung.
Das zeigt auch ein aktueller Fall, der vor dem Landgericht (LG) Lübeck verhandelt wurde (9 O 146/24). Ein Autofahrer war in einen Kreisverkehr eingefahren, in dem bereits ein Pedelec-Fahrer den Fahrradschutzstreifen nutzte.
Dieser Bereich ist grundsätzlich für Fahrräder, E-Bikes oder ähnliche Fahrzeuge reserviert. Kraftfahrzeuge dürfen den Schutzstreifen zwar überqueren, dort halten oder parken ist jedoch nicht erlaubt.
Im Kreisel stockte der Verkehr, sodass der Autofahrer anhalten musste. Dabei ragte ein Teil seines Hecks leicht in den Fahrradschutzstreifen hinein. Ein Pedelec-Fahrer prallte gegen das stehende Auto, wodurch Schaden entstand. Der Autofahrer machte geltend, der Pedelec-Fahrer sei für den Unfall verantwortlich.
LG Lübeck: Pedelec-Fahrer muss teilweise für Unfall haften
Warum muss der Pedelec-Fahrer teilweise für den Unfall mithaften?
Er steht mit 35 % in der Mithaftung, weil er im Kreisverkehr nicht weit genug rechts auf dem Schutzstreifen fuhr und so maßgeblich zum Unfall beitrug.
Das Landgericht Lübeck entschied zugunsten des Autofahrers, zumindest teilweise: Dem Pedelec-Fahrer wurde eine Mithaftung von 35 Prozent auferlegt. Zwar hatte er nach Paragraf 8 der StVO und in Verbindung mit der Beschilderung im Kreisverkehr grundsätzlich Vorfahrt, doch er hätte sich am äußersten rechten Rand des Fahrradschutzstreifens halten müssen, da auch dieser Teil der Fahrbahn dem Rechtsfahrgebot unterliegt. Hätte er dies beachtet, wäre ein Vorbeifahren am stehenden Auto problemlos möglich gewesen.
Die hauptsächliche Verantwortung für den Unfall trägt hingegen der Kraftfahrzeugfahrer mit einem Anteil von 65 Prozent. Das Landgericht begründete die höhere Schuld damit, dass die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs sowie sein rechtswidriges Halten auf dem Fahrradschutzstreifen entscheidend für den Unfall waren.
Quelle: rsw.beck.de
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