Einführung von Ventilwächtern löst Shitstorm aus, Kritik auch vom ADAC
Mit Verkehrserziehung hat das gar nichts mehr zu tun: In der sächsischen Stadt Zittau lassen sogenannte Ventilwächter die Luft aus den Reifen säumiger Schuldner, um sie zur Begleichung ihrer offenen Rechnungen zu bewegen. Was die Stadt als „sehr erfolgreich“ feiert, erntet in den sozialen Medien massive Kritik: Viele Nutzer prangern an, dass der sonst so verkehrserzieherische Staat die Verkehrssicherheit den finanziellen Interessen unterordnet und Schuldner bloßstellt.

Rust Video / shutterstock.com
Ventilwächter gegen Schuldner
Was sind Ventilwächter und wie funktionieren sie?
Ventilwächter sind kleine Vorrichtungen an den Reifen, die beim Losfahren die Luft ablassen und das Auto dadurch fahruntüchtig machen.
„Das Mittel ist eine der letzten Optionen“, beschwichtigt Lukasz Witków, Referent des Oberbürgermeisters in Zittau. Was er schönreden will, ist der Einsatz sogenannter Ventilwächter, die seit März in der sächsischen Stadt an die Autos säumiger Schuldner montiert werden.
Ventilwächter sind winzige Vorrichtungen, die an den Reifenventilen angebracht werden. Sie lassen die Luft ab, sobald das Fahrzeug in Bewegung gesetzt wird. Wer das Auto trotzdem fährt, bekommt nach etwa 500 Metern einen platten Reifen. Das Fahrzeug ist damit vorübergehend fahruntüchtig, bis der Ventilwächter mit einem speziellen Schlüssel wieder entfernt wird.
Stadt begrüßt platte Reifen als Druckmittel
Warum setzt die Stadt Zittau Ventilwächter ein?
Die Stadt verwendet die Vorrichtungen, um säumige Schuldner unter Druck zu setzen.
Dies geschehe aber nicht flächendeckend, sondern nur nach Prüfung im Einzelfall. Erst wenn alle Versuche und Maßnahmen gescheitert seien, greife man darauf zurück, um den Druck auf die Schuldner durch Runterlassen des Reifendrucks zu erhöhen.
Seit einem halben Jahr in Gebrauch zieht die Stadt Zittau auf Nachfrage von mdr.de eine positive Bilanz und bezeichnet die Ventilwächter als „sehr erfolgreich“ und wirkungsvoll. Bei den „wenigen Malen“, die sie eingesetzt wurden, hätten sich die anvisierten Schuldner sofort zurückgemeldet und die offenen Forderungen seien umgehend beglichen worden. Wie oft dies konkret geschehen ist, will die Stadtverwaltung allerdings nicht verraten.
User befürchten öffentliche Bloßstellung und Unfallgefahr
Wie kommen die Ventilwächter in den sozialen Medien an?
Die Maßnahme sorgt in sozialen Netzwerken für Empörung und kontroverse Diskussionen. Nutzer kritisieren die öffentliche Bloßstellung von Schuldnern und die erhöhte Unfallgefahr.
Ventilwächter sind in deutschen Städten keine Seltenheit. In Dresden, Görlitz oder Grimma setzen Behörden sie schon länger gegen säumige Zahler ein. Dennoch sorgt die Einführung in Zittau für Aufsehen. In sozialen Netzwerken wird kontrovers diskutiert, viele Leser äußern Empörung oder stellen kritische Fragen zu der Methode.
So halten nicht wenige Nutzer etwa auf Instagram die Methode für einen „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ und machen sich Sorgen über die Verkehrssicherheit eines Kraftfahrzeuges, bei dem der korrekte und sichere Reifendruck quasi einer tickenden Zeitbombe gleichkommt.
Auch das öffentliche an den Pranger stellen von Menschen mit Geldsorgen, dass die sichtbare Montage der Ventilwächter mit sich bringt, hat für viele User einen faden Beigeschmack und trete zudem den Datenschutz mit Füßen. Grundsätzlich missfällt es vielen, dass der sonst so erzieherische Vater Staat hier wenig Rücksicht auf den Einzelnen nimmt.
ADAC und Verkehrswacht warnen vor Unfallrisiko
Wie bewerten ADAC und Verkehrswacht die Ventilwächter?
Beide Vereine warnen vor einem hohen Unfallrisiko durch plötzlich leere Reifen, da diese Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer gefährden können.
In Zittau hält man diese Sorgen jedenfalls für unbegründet. „Die Maßnahme ist bewusst so gestaltet, dass sie keine plötzliche oder unkontrollierbare Gefahr darstellt“, so die Verantwortlichen. An den Fahrzeugen werden Siegel und Warnhinweise angebracht, um auf die Manipulation aufmerksam zu machen.
Das sieht der ADAC anders: Ein Reifen, der während der Fahrt platt wird, stellt ein ernstzunehmendes Unfallrisiko dar. Auch die Verkehrswacht schließt sich der Warnung des Automobilclubs an, da ein Luftdruckverlust während der Fahrt sowohl für die Insassen als auch für andere Verkehrsteilnehmer zu einer echten Gefahr werden kann. Ein Risiko, das sich mit dem Einsatz einer herkömmliche Parkkralle entschärfen ließe.
Quellen: mdr.de, Instagram.com
Weitere News!

Methode mit hohem Unfallrisiko: Stadt Zittau lässt Schuldnern die Luft aus den Reifen

Fehler bei der Beschilderung: Galt Tempo 30 vor oder nach dem Blitzer?

Sammeln Sie Punkte? Wann Einträge in Flensburg verjähren
