Handy-Sturzerkennung wählte automatisch die 112
Ob Kaffeebecher, Brille oder Frühstücksbox – bestimmte Dinge bleiben gern mal auf dem Autodach liegen. Wer dann losfährt, merkt es entweder gar nicht oder beim ersten Schlagloch. Beim Pappbecher ist das meist kein Drama, beim Handy schon. Denn wie ein aktueller Fall zeigt, kann ein achtlos abgelegtes Smartphone sogar einen teuren Rettungseinsatz auslösen, für den der Verantwortliche selbst aufkommen muss.

KI-Symbolbild
Aufwendiger Rettungseinsatz mit vier Fahrzeugen
Was passierte bei dem Rettungseinsatz in Bodenfelde?
Die Ortswehren rückten mit etlichen Einsatzkräften aus, um ein verlorenes Handy zu finden
Und der hatte es in sich: Insgesamt rückten die Ortswehren in Bodenfelde und Umgebung mit vier Fahrzeugen und 21 Einsatzkräften aus, nur um ein verlorenes Handy auf der Straße zu finden. Dafür stellte die Gemeinde Bodenfelde dem Autofahrer eine saftige Rechnung. Daraufhin zog dieser vor das Verwaltungsgericht Göttingen.
Fahrer unter Schmerzmitteln
Was war zuvor geschehen?
Ein Autofahrer hatte sein Handy unter Schmerzmitteln auf dem Autodach vergessen.
Der Mann hatte zuvor im August 2024 sein Mobiltelefon auf dem Autodach vergessen und nicht bemerkt, dass es während der Fahrt auf der Bundesstraße 241 zwischen Amelith und Lauenförde heruntergefallen war. Laut Gericht hatte er zu diesem Zeitpunkt starke Schmerzmittel eingenommen, die seine Aufmerksamkeit beeinträchtigten. Ein Effekt, dessen Ausmaß ihm jedoch nicht bewusst war.
Smartphone wählt selbst die 112
Warum löste das Handy einen Notfalleinsatz aus?
Das heruntergefallene Smartphone aktivierte seine Sturzerkennung, die automatisch die 112 rief.
Weil das heruntergefallene Telefon über eine integrierte Sturzerkennung verfügte, löste es automatisch Alarm bei der Einsatzleitstelle in Northeim aus, die daraufhin zwei Ortsfeuerwehren aus Bodenfelde, die Feuerwehr Schönhagen, ein Notarzteinsatzfahrzeug, einen Rettungswagen und die Polizei losschickte. Laut Feuerwehrbericht dauerte der Einsatz 57 Minuten. Die Sturzerkennungsfunktion ist eigentlich dazu gedacht, schwere Unfälle zu erkennen.
Die Rechnung für den Einsatz: 1.041 Euro
Wie viel kostete der Rettungseinsatz und wie entschied das Gericht?
Die Gemeinde stellte 1.041 Euro in Rechnung, da der Einsatz durch grob fahrlässiges Verhalten des Fahrers verursacht wurde.
Die Gemeinde Bodenfelde stellte dem Autofahrer unter Berufung auf die Feuerwehrgebührenordnung 1.041 Euro in Rechnung. Daraufhin reichte er Klage beim Verwaltungsgericht Göttingen ein und beantragte vorläufigen Rechtsschutz – allerdings weitgehend erfolglos.
Nach Ansicht des Gerichts war der Gebührenbescheid grundsätzlich rechtmäßig. Der Einsatz sei durch grob fahrlässiges Verhalten des Fahrers verursacht worden. Er habe wissen müssen, dass starke Schmerzmittel seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen, und sei in seinem Zustand nicht in der Lage gewesen, sich im Straßenverkehr gesetzeskonform zu verhalten.
Gerichtsurteil: Gebühren größtenteils rechtmäßig
Musste der Fahrer alles zahlen?
Nein, das Gericht senkte die Rechnung auf 836 Euro, da die ursprünglichen Kosten zu hoch angesetzt waren.
Das Gericht wies daher seinen Eilantrag größtenteils zurück, senkte die Gebühr jedoch auf 836 Euro. Im Gebührenbescheid seien mehr Kosten angesetzt worden, als für die tatsächliche Leistung erforderlich gewesen seien. Die Leitstelle habe beim Notruf nicht gewusst, dass es sich nur um ein heruntergefallenes Handy handelte.
Objektiv notwendig gewesen seien daher zum Zeitpunkt der Alarmierung ein Einsatzleitwagen, ein Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF 20) und ein Tanklöschfahrzeug (TLF 8/18) für technische Hilfe und Brandbekämpfung.
Kosten für überflüssiges Tanklöschfahrzeug gestrichen
Warum genau wurden 205 Euro von der Rechnung gestrichen?
Die Kosten für das überflüssige Tanklöschfahrzeug (TSF-W) wurden gestrichen, da dessen Einsatz „objektiv“ nicht erforderlich war.
Zusätzlich war die Feuerwehr mit einem Tragkraftspritzenfahrzeug mit Wasser (TSF-W) ausgerückt. Nach Ansicht des Gerichts war dessen Einsatz bei einem angenommenen Verkehrsunfall nicht erforderlich und in der Ausrückeordnung der Feuerwehr nicht vorgesehen. Da das TSF-W unnötig eingesetzt wurde, durfte diese Leistung nicht berechnet werden. So sparte der Autofahrer zumindest die hierfür angesetzten 205 Euro.
Quelle: hna.de
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