Betrüger stehlen Identität eines Autofahrers, um unbehelligt rasen zu können
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine nahezu blütenreine Verkehrsweste und finden dennoch einen gelben Brief in Ihrem Briefkasten: Acht Punkte in Flensburg, der Führerschein ist weg. Genau das ist einem 34-jährigen Autofahrer aus Düsseldorf passiert. Identitätsbetrüger nutzten seine persönlichen Daten, um unbehelligt Tempo- und Rotlichtverstöße zu begehen. Wie es dazu kommen konnte – und warum man sich im Ernstfall nicht auf die Behörden verlassen kann – erfahren Sie hier.

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Fall aus Düsseldorf: plötzlicher Führerscheinentzug
Warum drohte dem Autofahrer aus Düsseldorf der Führerscheinverlust, obwohl er kaum Verkehrsverstöße begangen hat?
Seine Identität wurde von Betrügern missbraucht, die diverse Verkehrsverstöße in seinem Namen begingen.
„Die Ihnen erteilte Fahrerlaubnis wird hiermit entzogen“, heißt es sinngemäß in den Bescheiden der Führerscheinstelle, die meist am Ende einer ganzen Reihe von Verkehrsverstößen stehen. Acht Punkte in Flensburg bedeuten in der Regel, dass der Führerschein erst einmal weg ist.
Was aber, wenn man fast überhaupt keine Verkehrsverstöße auf dem Kerbholz hat und dennoch mit einem solchen Schreiben konfrontiert wird? Genau das ist Dustin S. aus Düsseldorf passiert. Kurz zuvor war der 34-Jährige bereits postalisch gewarnt worden, weil sein Punktekonto sich den kritischen acht Punkten näherte.
Geklaute Daten und tote Briefkästen
Wie gingen die Täter vermutlich vor?
Sie nutzten unbemerkt persönliche Daten des Opfers aus den sozialen Medien sowie tote Briefkästen, um seine Post abzufangen.
Dieser Fall von Identitätsdiebstahl könnte folgendermaßen abgelaufen sein: In den Anhörungsbögen gaben die Betrüger seinen vollständigen Namen und sein Geburtsdatum an – sensible Daten, die bis vor Kurzem noch in den sozialen Netzwerken öffentlich einsehbar waren. Darüber hinaus tauchten zwei Adressen in Düsseldorf und Gevelsberg auf. Mit diesen hat Dustin S. nach eigener Aussage keinerlei Verbindung: „Da habe ich nie gewohnt oder gearbeitet.“
Der Unternehmer geht davon aus, dass die Täter Zugriff auf zwei tote Briefkästen hatten, mit denen seine Post abgefangen wurde. Da er die Tatvorwürfe nicht kannte, konnte er ihnen nie widersprechen, sodass sich immer mehr Punkte im Verkehrszentralregister ansammelten.
Passbildabgleich rettet Führerschein
Wie konnte der Führerscheinverlust dennoch verhindert werden?
Durch die Einschaltung eines Anwalts führten die Behörden einen Passbildabgleich durch und stellten fast alle Verfahren ein.
„Damit kann man jemanden gehörig in Schwierigkeiten bringen“, so ein Anwalt aus Frankfurt. Der Jurist kennt ähnliche Fälle in Zusammenhang mit Online-Bestellungen, nicht aber im Bußgeldkontext. Für Dustin S. ist besonders ärgerlich, dass sich die Bußgeldstellen einfach mit den Angaben auf den Anhörungsbögen zufriedengaben. „Durch einen Passbildabgleich hätte jeder sehen können, dass ich nicht die Person auf den Blitzerfotos bin“, so der Düsseldorfer.
Erst nachdem er einen Anwalt eingeschaltet hatte, nahmen die Behörden eine entsprechende Prüfung vor und stellten in der Folge sechs von acht Verfahren ein. Damit war der „Lappen“ gerettet.
Bußgeldstellen: „Systematische Vorabprüfung nicht umsetzbar“
Was sagen die Bußgeldstellen zu dem Fall?
Die Bußgeldstellen betonen, dass eine Vorabprüfung aller Daten im Massenverfahren nicht möglich ist.
Fragt man bei einer Führerscheinstelle in NRW nach den Sicherheitsschwachstellen im Bußgeldverfahren, wiegeln die Verantwortlichen ab. „Eine systematische Vorabprüfung jeder einzelnen Anschrift wäre in der Breite nicht umsetzbar“, so das Feedback aus Dortmund gegenüber auto motor sport.
In Bottrop sieht man das ähnlich: „Bei diesem Massenverfahren ist es nicht möglich, jede angegebene Anschrift im Voraus zu überprüfen.“ Eine Sprecherin verweist auf den „nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand“, der in „Massenverfahren wie diesem“ durch weiterführende Ermittlungen entstünde. Die meisten Bußgeldstellen führen zumindest eine Plausibilitätsprüfung der angegebenen Persönlichkeitsdaten durch. Diese ist jedoch unterschiedlich weitreichend.
Bis zu fünf Jahre Haft für Identitätsbetrug
Welche Strafen drohen bei Identitätsbetrug?
Täter können wegen falscher Verdächtigung nach § 164 StGB mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.
Laut Dustin S. Anwalt tun die Behörden deshalb nicht genug, um weitere Fälle von Identitätsmissbrauch präventiv zu verhindern. „Wenn das Beispiel Schule macht, haben die Behörden mit Wiederaufnahmeverfahren noch mehr Arbeit. Und das ganze System kann zu Fall kommen. Werden die Täter erwischt, drohen ihnen Strafen wegen falscher Verdächtigung nach § 164 Strafgesetzbuch und bis zu fünf Jahre Haft“, so der Rechtsexperte.
Wie man sich vor Identitätsdiebstahl schützt
Der Raub der eigenen Identität lässt sich nie zu einhundert Prozent verhindern. Doch wer bestimmte Vorsichtsmaßnahmen beachtet, kann das Risiko deutlich verringern. Hier ein Überblick:
- Keine sensiblen Daten wie Namen oder Geburtsdatum in den sozialen Netzwerken teilen
- Regelmäßig den Punktestand in Flensburg prüfen
- Briefkästen vor unbefugtem Zugriff sichern
- Verdächtige Vorfälle dokumentieren
- Bei Verdacht auf Identitätsmissbrauch sofort rechtliche Schritte einleiten
- Auf Lichtbildabgleich bei Behörden bestehen
Quelle: auto-motor-und-sport.de
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