Fehler der Versicherung: Zulassungsstelle droht Rentner mit Kfz-Stilllegung

06.11.2025 - 5 min Lesezeit
das Wichtigste zuerst

Fall: In Kassel drohte die Zulassungsstelle einem Rentner die Außerbetriebsetzung eines Pkw an, weil die neue Versicherung die elektronische Bestätigung nicht übermittelt hatte.

Üblicher Ablauf: Die elektronische Versicherungsbestätigung wird automatisiert über GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) und KBA (Kraftfahrt-Bundesamt) an die Zulassungsstelle übermittelt. Ohne Eingang gilt der Schutz als nicht nachgewiesen.

Rechtslage: Fehlt der nachgewiesene Haftpflichtschutz, muss die Behörde ein Fahrzeug unverzüglich stilllegen. Das regelt § 51 FZV (Fahrzeug-Zulassungsverordnung). Fahren ohne gültige Versicherung ist strafbar.

Ausgang: Nach telefonischer Klärung und einer Wartezeit von vier Tagen erhielt die Zulassungsstelle die erforderliche Meldung. Somit durfte der Mann sein Auto wieder im Straßenverkehr führen.

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Blitz-Stilllegung im Briefkasten

Es war eine Schreckensmeldung aus dem Briefkasten, die das Wochenende von Wilhelm D. abrupt ruinierte. Als der Rentner am ersten Sonntag im Oktober nach einem zweitägigen Besuch bei einer Bekannten abends nach Kassel zurückkam, erwartete ihn zu Hause eine böse Überraschung.

Die Kfz-Zulassungsstelle hatte ihm bereits am Vortag per Einwurf-Einschreiben wissen lassen, dass er sein Fahrzeug innerhalb von nur drei Tagen abmelden müsse, weil angeblich kein Versicherungsschutz vorliege. Andernfalls werde sein Renault Clio zwangsweise stillgelegt.

Trotz neuer Police drohte die Außerbetriebnahme

„Da ist mir das Herz in die Hose gerutscht“, gesteht der Mann aus Kassel. Denn er hatte sich durchaus um seine Pflichten bezüglich des Versicherungsschutzes gekümmert. Bereits am 14. August hatte der Kasseler bei einer bekannten Versicherung einen neuen Vertrag für Haftpflicht und Vollkasko unterzeichnet.

Dieser sollte am 20. September in Kraft treten, wenn die Laufzeit seines bisherigen Anbieters endete. „Ich wollte meine Versicherung wechseln, um etwas Geld zu sparen“, erzählt er.

Deshalb war er auch völlig verwundert, warum ihm plötzlich – und ganz ohne behördliche Anhörung – mit der Stilllegung seines Autos gedroht wurde. „Ich habe 45 Jahre lang als Angestellter des Bundes gearbeitet und nun droht man mir gleich mit dem Hammer“, beklagt Diehl.

Warum der Mann um sein Auto bangen musste

Die beunruhigende Nachricht vom Vortag ließ sich durch ein Telefonat klären. Die alte Versicherung hatte die Kündigung zwar korrekt an die Zulassungsstelle weitergeleitet. Die VHV hatte jedoch versäumt, die elektronische Versicherungsbestätigung zur Übermittlung (eVBÜ) an die Behörde zu senden.

Diese Kennung ist der alleinige Nachweis für den gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtschutz eines Fahrzeugs. Die automatische Übermittlung läuft über den GDV und das KBA an die Zulassungsstelle, sodass Halter keinen Einfluss auf diesen Prozess haben.

So war der Rentner davon abhängig, dass die VHV die entsprechende Meldung über GDV und KBA auf den Weg schickte, weshalb er sein Fahrzeug bis dahin nicht benutzen durfte. Trotz seiner Beschwerde bei der VHV dauerte es danach dennoch weitere vier Arbeitstage, bis die Zulassungsstelle die notwendigen Daten endlich erhielt.

Wenig Spielräume für die Zulassungsstelle

Laut Auskunft der Stadtverwaltung schreibt die aktuelle Rechtsprechung vor, dass die Zulassungsstelle keine eigenen Ermittlungen anstellen muss, sofern sie vom KBA eine Meldung über das Erlöschen des Versicherungsschutzes erhält.

Eine Anhörung der Halter entfällt deshalb. Die Zulassungsstelle ist jedoch gesetzlich verpflichtet, das Fahrzeug unverzüglich stillzulegen, selbst wenn die Mitteilung der Versicherung fehlerhaft war. In dieser Angelegenheit besteht keinerlei Entscheidungsfreiheit.

Kassel: Etwa 500 Hinweise auf erloschenen Versicherungsschutz im Monat

Die Stadtverwaltung verfügt über keine präzisen Daten zur Häufigkeit fehlerhafter Versicherungsmeldungen. Die monatliche Statistik verzeichnet allerdings etwa 500 Hinweise auf erloschenen Versicherungsschutz. Bemerkenswert ist, dass circa 200 dieser Halter auch nach Aufforderung keinen Nachweis erbringen.

Wichtig ist: Selbst bei einem gültigen Vertrag ist die Bewegung des Fahrzeugs untersagt, bis die Versicherungsmeldung bei der Zulassungsbehörde eingegangen ist. Dies liegt daran, dass der Schutz der Allgemeinheit vorgeht. Die Priorität liegt auf dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer, um das Risiko durch nicht oder nicht ordentlich gemeldete Haftpflichtversicherungen auszuschließen.

Versicherer entschädigt Betroffenen

Im Falle der angedrohten Zwangsstilllegung wurde Wilhelm D. von seiner Versicherung nachträglich entschädigt. Auf Anfrage von hna.de bedauerte die Versicherung den Vorfall, räumte einen „Prozessfehler“ ein und erklärte, dieser sei umgehend korrigiert worden. Diehl sei bereits angeschrieben worden, um ihm mitzuteilen, dass die Versicherung für mögliche entstandene Kosten aufkommen werde.

Stand & Quellen

HNA: Kasseler Auto wegen Versicherungsfehler fast stillgelegt

Gesetze im Internet: § 51 FZV Maßnahmen und Pflichten bei fehlendem Versicherungsschutz

Kraftfahrt-Bundesamt: Digitale Fahrzeugzulassung und Abläufe

VG Regensburg, Urteil vom 31.03.2021 – RN 3 K 19.1818 (Leitsatz zur unverzüglichen Außerbetriebsetzung)

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