Beifahrer an Bord: Wann Zeugenaussagen wirklich helfen

20.11.2025 - 4 min Lesezeit
das Wichtigste zuerst
  • Zeugenaussagen: Der Wert einer Beifahreraussage hängt immer vom Einzelfall ab, insbesondere von der Beziehung zum Fahrer und der Art des Vorfalls (Unfall, Verkehrsverstoß).
  • Blitzer: Bei reinen Tempoverstößen sind Beifahrer wenig verlässliche Zeugen, da ihre Angaben zur Geschwindigkeit meist nur grobe Schätzungen darstellen.
  • Tacho als Beweis: Der Blick auf die Tachoanzeige dient nicht als stichhaltiger Gegenbeweis zur amtlichen Messung, da zu unpräzise.
  • Aufklärung bei Unfällen: Bei Verkehrsunfällen kann der Beifahrer ein wichtiger Zeuge für die Aufklärung des gesamten Unfallhergangs sowie der Identität des Fahrers sein.
  • Zeugnisverweigerungsrecht: Nahe Angehörige wie Ehepartner und Verlobte dürfen die Aussage gemäß § 52 StPO verweigern.
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Beifahrer als Zeugen: Es kommt auf die Art des Vorfalls an

Laut Tom Louven, Rechtsanwalt für Verkehrsrecht und Partneranwalt von Geblitzt.de, kommt es beim Wert von Zeugenaussagen auf den Einzelfall und die Art der rechtlichen Auseinandersetzung an: „Ein Beifahrer kann beispielsweise den Hergang eines Unfalls schildern. Doch ob er als Zeuge geeignet ist oder aussagen muss, hängt sowohl von seiner Beziehung zum Fahrer als auch vom konkreten Verfahrensgegenstand ab“, so der Anwalt.

Nach einem Verkehrsverstoß

Wird man etwa geblitzt, erscheint es naheliegend, den Beifahrer als entlastenden Zeugen heranzuziehen. Doch vor Gericht hat diese Herangehensweise selten Bestand. Tom Louven zufolge gelten Beifahrer „als wenig verlässliche Zeugen, da sie naturgemäß nicht so stark auf das Verkehrsgeschehen achten. Ihre Aussagen zur gefahrenen Geschwindigkeit stellen also eher grobe Schätzungen dar.“

Der Verkehrsrechtsexperte erklärt weiter: „Selbst wenn Sie genau im Moment des Blitzens auf den Tacho schauen, stellt die Anzeige trotzdem keinen stichhaltigen Beweis dar. Denn der Tacho ist im Gegensatz zum Messgerät nicht geeicht und zeigt immer eine etwas höhere Geschwindigkeit an. Das ist sogar gesetzlich vorgeschrieben.“

Hinzu kommt, dass die angezeigte Geschwindigkeit auf dem Tacho nach dem Blitzen äußerst unzuverlässig ist. Untersuchungen haben ergeben, dass der Blick auf das Instrument meist erst nach dem reflexartigen Abbremsen erfolgt. Die abgelesene Geschwindigkeit stimmt daher nicht mit dem tatsächlich gemessenen Tempo überein.

Infolge eines Unfalls

Bei Verkehrsunfällen ist die Situation eine andere. Hier kann der Beifahrer ein wichtiger Zeuge sein, da er Informationen zum Geschehen liefern kann, die für die Aufklärung des Unfalls entscheidend sind. Dies betrifft beispielsweise die Identität des Fahrers, den genauen Ablauf des Unfalls oder eine mögliche Ablenkung am Steuer.

Ob ein Beifahrer gegen den Fahrer aussagen muss, hängt von der persönlichen Beziehung der beiden zueinander ab. „Ehepartner, Verlobte und enge Angehörige dürfen nach § 52 Strafprozessordnung (StPO) die Aussage verweigern. Dieses sogenannte Zeugnisverweigerungsrecht soll verhindern, dass Familienangehörige sich gegenseitig belasten müssen“, erklärt Rechtsanwalt Louven und ergänzt:

„Jeder Mensch hat darüber hinaus ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO, wenn er sich durch seine Aussage selbst belasten würde. Kann er nicht von diesen beiden Rechten Gebrauch machen, ist der Beifahrer wie jeder Zeuge allerdings zu einer wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet.“

In gefährlichen Situationen

Auch wenn der Beifahrer in Bußgeldverfahren selten den entscheidenden Unterschied macht, kann seine Wahrnehmung bei Unfällen oder plötzlich auftretenden Gefahren von großer Bedeutung sein.

„Wenn ein Mitfahrer beispielsweise bestätigen kann, dass der Fahrer abrupt bremsen oder ausweichen musste, weil ein anderes Fahrzeug unvorhergesehen eingeschert ist, hilft das bei der Einschätzung von Verschulden und Fahrverhalten“, betont Louven.

Die Beobachtungen des Beifahrers können nachvollziehbar machen, warum der Fahrer in einer konkreten Situation beschleunigt oder stark abgebremst hat, beispielsweise um eine Kollision zu verhindern.

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