das Wichtigste zuerst
- Blitzer-Standort: Die Agra-Brücke auf der B2 in Leipzig ist marode. Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr hat daher Tempo 50, eine Spurreduzierung sowie ein 3,5-Tonnen-Durchfahrtsverbot angeordnet.
- Begründung: Laut Polizeisprecher Hoppe dienen die Kontrollen primär der Durchsetzung dieser Verkehrseinschränkungen, um die Stabilität des Bauwerks zu gewährleisten.
- Streitpunkt: Trotz offizieller Begründung empfinden Autofahrer die zeitweise Aufstellung der Radarfallen ganz am Ende des Tempo-50-Bereichs (kurz vor dem Aufhebungsschild) als Abzocke.
- Juristische Rechtfertigung: Der eigentliche Blitzer-Mindestabstand von 150 Metern in Sachsen ist nur eine Sollvorschrift. Die Behörden nutzen die Einstufung der Brücke als Gefahrenstelle, um diesen Abstand formal zu unterschreiten.

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Wieder ein Sanierungsfall
In der Presse ist immer wieder und immer häufiger von desolaten und maroden Brücken in Deutschland die Rede, auf denen der Verkehr stärker überwacht, kontrolliert und gedrosselt werden muss. Ein besorgniserregender Trend, der sich neben Dresden mit seiner teilweise zusammengefallenen Carolabrücke nun auch in einer weiteren sächsischen Großstadt andeutet.
Denn wie so viele Brücken hierzulande ist auch die Agra-Brücke auf der B2 in Leipzig in einem baufälligen Zustand. Sie steht exemplarisch für die wachsende Krise der deutschen Infrastruktur, da insbesondere Brücken aus den 1960er- und 70er-Jahren dem heutigen Schwerlastverkehr nicht mehr gewachsen sind.
Verkehrseinschränkungen aufgrund akuter Brückenmängel
Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr in Leipzig hat vor diesem wackeligen und bröckeligen Hintergrund bereits die Konsequenzen gezogen und einige Einschränkungen auf diesem Abschnitt der B2 durchgesetzt: Die Fahrstreifen wurden reduziert, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h begrenzt und der Verkehr von Fahrzeugen über 3,5 Tonnen ist bis auf Weiteres untersagt.
Ziel ist es, das Bauwerk zu entlasten und seine Stabilität zu gewährleisten – zumindest offiziell. Polizeisprecher Olaf Hoppe erklärt gegenüber radioleipzig.de: „Die Kontrollen im Bereich der Agra-Brücke, B2, dienen in allererster Linie der Durchsetzung der Durchfahrtbeschränkung vor dem Hintergrund des aktuellen Brückenzustandes.“
Autofahrer wähnen Abzocke
Denn trotz aller Beteuerungen der Ordnungshüter ist aus der blitzerbedingten Verschärfung der Verkehrsüberwachung ein Streitthema geworden. Betroffene Autofahrer berichten, dass die Radarfallen zwar meist tagsüber in der Mitte der Brücke platziert wurden, es aber auch schon vorkam, dass sie abends erst ganz am Ende des 50-km/h-Bereichs aufgestellt wurden.
Der Streitfall: Messung am Ende der Tempo-50-Strecke
Das führt dazu, dass Autofahrer gedanklich und physisch bereits mit dem Ende der Geschwindigkeitsbegrenzung rechnen. Sie erwarten die Aufhebung des Limits und beginnen instinktiv, ihre Geschwindigkeit zu erhöhen, um auf die nun wieder erlaubte höhere Geschwindigkeit vorbereitet zu sein.
Die strategische Platzierung des Blitzers direkt vor dem Aufhebungsschild nutzt diesen instinktiven Hang zur verfrühten Beschleunigung aus, um mehr Verkehrssünder zu erfassen. Deshalb wird diese Maßnahme nicht nur als der Verkehrssicherheit förderlich, sondern auch als Abzocke empfunden.
Kein Mindestabstand nötig: Die Agra-Brücke als Gefahrenstelle
Und dann gibt es ja auch noch den Mindestabstand. Fast in allen Bundesländern müssen Blitzer eine vorgeschriebene Entfernung zwischen Temposchild und Messstelle einhalten. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Autofahrer eine gewisse Zeit benötigen, um die Tempolimits wahrzunehmen und ihre Geschwindigkeit anzupassen.
Dies bestätigt auch Sprecher Hoppe: „Die VwV Verkehrsüberwachung gibt in Anlage 1, Nr. 1b einen einzuhaltenden Abstand zu einem geschwindigkeitsregelnden Verkehrszeichen von 150 Metern im Regelfall vor.“
Jedoch könne diese Vorschrift „in begründeten Einzelfällen (Gefahrenstellen, Geschwindigkeitstrichtern o.ä.) herabgesetzt werden“. Und die Agra-Brücke auf der B2 in Leipzig gilt als Gefahrenstelle. Somit rechtfertigen die Behörden den strategischen Blitzer-Standort mit der Einstufung als Gefahrenschwerpunkt.
Der Abzocke-Verdacht bleibt
Hoppe widerspricht der Kritik und der Wahrnehmung der Autofahrer als Abzocke, indem er auf die Rechtslage verweist. „Grundsätzlich gilt jedoch ab dem Geschwindigkeitszeichen die vorgeschriebene Geschwindigkeit.“ Aus der Vorschrift ergebe sich keine gesetzliche Verpflichtung, bestimmte Abstände einzuhalten. „Insofern muss ich dem Vorwurf der Abzocke hier entschieden entgegentreten“, so der Polizeisprecher.
Es wäre allerdings auch naiv anzunehmen, dass die Polizei den Blitzer-Standort zufällig gewählt hat. Aus Sicht der Autofahrer ist das Aufstellen auf den letzten Metern des Limits und nicht in der Gefahrenzone der Brücke, mindestens verdächtig. Trotz der formaljuristischen Korrektheit des Vorgehens, spüren sie, dass man hier tatsächlich in eine Radarfalle „gelockt“ wird.
Stand & Quellen
Stand: 09.12.2025
LASuV Sachsen – Agra-Brücke muss dringend entlastet werden
REVOSax – VwV Verkehrsüberwachung, Anlage 1 Nr. 1b
Radio Leipzig – Blitzer sehr nah am Tempo-100-Schild: Abzocke auf Agra-Brücke?
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